Regulatorische Dichte
Klimaneutrale Wohnungswirtschaft - Herzlich Willkommen im regulatorischen Dschungel
Die europäische Union strebt mit dem Green Deal an, ein klimaneutrales Europa bis 2050 zu schaffen. Neben dem Green Deal wurde auf europäischer Ebene die sogenannte Offenlegungsverordnung der EU zu Nachhaltigkeitskriterien (ESG-Verordnung) verabschiedet. Auch wurde mittlerweile die EU-Taxonomie als einheitliches Klassifizierungssystem veröffentlicht. Dessen Kriterien zielen darauf ab, inwieweit Finanzprodukte - hierzu zählen auch Immobilien - einen Beitrag zur Umsetzung der Umweltziele leisten.
Um diese Klimaziele in Deutschland zu erreichen, ist es von elementarer Bedeutung, auch die Energiebilanz des Gebäudesektors in hohem Maß zu verbessern. Hinsichtlich der Wohnungswirtschaft stellt sich die Frage, welche Regelungen aktuell konkret anzuwenden sind und was die Teilbranche noch erwartet. Im Folgenden soll ein Überblick gegeben werden.
Klimaschutzprogramm der Bundesregierung / Bundesklimaschutzgesetz
Das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung ist ein umfassendes Maßnahmenpaket, das im September 2019 beschlossen wurde, um die Klimaschutzziele der Bundesregierung bis zum Jahr 2030 zu erreichen. Mit der novellierten Fassung vom Juni 2022 wurde das Ziel des Bundesklimaschutzgesetzes, die Klimaneutralität um fünf Jahre auf 2045 vorgeschoben. Auch wurde das Ziel verschärft, den Ausstoß von Treibhausgasen in Deutschland bis 2030 um mindestens 65% im Vergleich zu 1990 zu reduzieren.
Das Klimaschutzprogramm umfasst eine Vielzahl von Maßnahmen, darunter den Ausbau der erneuerbaren Energien, die Förderung von Energieeffizienzmaßnahmen in Gebäuden, die Förderung von Elektromobilität, die Förderung energetischer Sanierungen und die Einführung eines CO2-Preises im Wärmebereich. Die Umsetzung des Klimaschutzprogramms ist ein zentrales Instrument, um den Klimawandel zu bekämpfen und die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Für die Wohnungswirtschaft relevante Punkte sind hier zum einen die Fördermöglichkeiten im Rahmen des Klimaschutzprogrammes, zum anderen die CO2-Bepreisung.
Deutscher Nachhaltigkeitskodex
Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) ist ein Instrument, das Unternehmen dabei unterstützt, ihre Nachhaltigkeitsleistungen transparent und vergleichbar zu machen. Der DNK wurde vom Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) in Zusammenarbeit mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Verwaltung entwickelt und erstmals im Jahr 2011 veröffentlicht. Der DNK umfasst insgesamt 20 Kriterien, die in vier Bereiche unterteilt sind: Strategie, Umwelt, Soziales und Governance. Unternehmen können den Kodex freiwillig anwenden und ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung entsprechend strukturieren. Die Berichterstattung erfolgt über eine Online-Plattform, auf der die Unternehmen ihre Informationen in Bezug auf die einzelnen Kriterien eingeben und öffentlich zugänglich machen können. Die Anwendung des DNK soll dazu beitragen, dass Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsleistungen verbessern, indem sie eine systematische und strukturierte Herangehensweise an die Nachhaltigkeitsberichterstattung ermöglicht. Gleichzeitig soll es der DNK Stakeholdern ermöglichen, die Nachhaltigkeitsleistungen von Unternehmen besser zu verstehen und vergleichen zu können.
Baugesetzbuch
Der Klimaschutz ist seit einigen Jahren ein wichtiges Thema in der Stadt- und Bauleitplanung und wird auch im BauGB berücksichtigt. Auch die Bauleitplanung soll ihren Beitrag dazu leisten, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren und die Energieeffizienz zu steigern. Während der Planung müssen Klimaschutzaspekte bereits berücksichtigt werden. So soll die Förderung des Radverkehrs und des öffentlichen Nahverkehrs vorangetrieben, mehr Grünflächen geschaffen und weniger Flächen versiegelt werden . Weiter fordert das BauGB zum Beispiel, Vorgaben zu Gebäudeautomation, Wärmedämmung und zur Nutzung von erneuerbaren Energien in die Leitpläne aufzunehmen.
Erneuerbare-Energien-Gesetz
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) regelt den Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland und soll Anreize für Unternehmen schaffen, erneuerbare Energiequellen wie Photovoltaik oder Windkraft zu nutzen.
Gebäudeenergiegesetz
Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) fasst seit November 2020 das bisherige Energieeinsparungsgesetz (EnEG), die Energieeinsparverordnung (EnEV) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zusammen und regelt damit die energetischen Anforderungen an Gebäude sowie den Einsatz erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteversorgung. Das GEG legt energetische Anforderungen für Neubauten und umfassende Sanierungen fest, die sich an den Anforderungen der europäischen Gebäuderichtlinie (EPBD) orientieren. Diese Anforderungen betreffen unter anderem den Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) der Gebäudehülle, den Primärenergiebedarf, den Mindestluftwechsel und den sommerlichen Wärmeschutz. Das GEG legt fest, dass der Einsatz erneuerbarer Energien zur Wärmeerzeugung in Neubauten und bei Sanierungen gefördert werden soll. Bei Neubauten muss ein Teil des Wärmebedarfs durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Auch bei Sanierungen müssen Maßnahmen zur Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien geprüft - und z. T. auch umgesetzt - werden.
Das GEG sieht vor, dass die Anforderungen regelmäßig überprüft und angepasst werden müssen, um sicherzustellen, dass sie dem aktuellen Stand der Technik und den Klimaschutzzielen entsprechen. Aktuell (Frühjahr 2023) befindet sich das GEG in einer Novellierungsphase. Umstritten sind z. B. Einbauverbote von Gas- und Ölheizungen ab 2024.
Basierend auf den aufgeführten Gesetzen lässt sich feststellen, dass die europäischen Forderungen bereits in die deutsche Gesetzgebung Eingang gefunden haben. Die Regularien im Gebäudesektor haben bereits eine Auswirkung auf die Baukosten sowie die Bewirtschaftungskosten. Es ist zu erwarten, dass diese im Gebäudesektor in Zukunft weiter steigen werden. Um als Wohnungsunternehmen erfolgreich zu sein, sind eine umfassende Klimastrategie und insbesondere energieeffiziente Gebäude unerlässlich. Dazu kommt die Verfügbarkeit von grün erzeugter (Rest-)Energie. Deutlich ist aber schon heute, dass die deutsche Klimaschutz-Gesetzgebung erhebliche Auswirkungen auf die Finanzierungskosten und Immobilienwerte haben wird.
Für praktisch alle Wohnungsunternehmen stellt allein die regulatorische Dichte sowie deren Verschneidung mit technischen Lösungen und konkretem Managementhandeln eine erhebliche Herausforderung dar. Denn während Unternehmen wie Vonovia, die SAGA in Hamburg, die LEG NRW oder vivawest (um nur einige zu nennen) über nennenswerte fachbezogene Personalressourcen verfügen, sind die meisten Wohnungsunternehmen in der Spitze und mit Personal jenseits der operativen Notwendigkeiten eher knapp aufgestellt.