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Regiebetriebe – eine gute Idee

  • Autorenbild: Jade Kaessner
    Jade Kaessner
  • 25. Apr.
  • 4 Min. Lesezeit

In den 1990er und 2000er-Jahren wurden in Wohnungsunternehmen reihenweise Regiebetriebe geschlossen. Grund dafür war – neben einem fehlenden Verständnis für Qualitäten, die sich mit solchen Organisationseinheiten gewinnen lassen - vor allem Betriebswirtschaft. Oder anders gesagt, die meisten Regiebetriebe hatten zu dieser Zeit kein funktionierendes Geschäftsmodell und wurden nicht oder nur unzureichend gesteuert.

Heute kommen Regiebetriebe wieder in Mode. Und das ist eine gute Idee. Aber von der guten Idee bis zum erfolgreichen Regiebetrieb ist es ein langer Weg. Wenn Sie mögen, machen wir uns gemeinsam auf die Reise:

Ein Regiebetrieb ist eine interne Einheit eines Wohnungsunternehmens, die handwerkliche oder technische Leistungen in Eigenregie erbringt – das können Leistungen durch eigene Handwerker-Teams sein, wie Hausmeistertätigkeiten oder Gartenbau und Grünpflege. Anders als bei der klassischen Beauftragung externer Dienstleister erfolgt die Leistungserbringung durch eigenes Personal, gesteuert über unternehmenseigene Prozesse und Strukturen.

 

Ziele und Nutzen – warum Regiebetriebe?

Der Aufbau eines Regiebetriebs folgt meist mehreren Zielen:

  • Kostenvorteile: Durch den Entfall von Anfahrts- und Pauschalkosten, eine effizientere Auslastung sowie ggf. den Mehrwertsteuervorteil (bei Inhouse-Leistungen) lassen sich spürbare Einsparungen erzielen. Gleichzeitig entstehen neue Risiken, z. B. durch sprungfixe Kosten, Krankheit oder Unterauslastung – diese müssen mitgedacht und über ein robustes Steuerungsmodell kontrolliert werden.

  • Qualitätssteuerung: Die eigene Leistungserbringung erhöht die Transparenz gegenüber Mietern, verbessert die Reaktionszeiten im Störungsfall und erlaubt eine kontinuierliche Kontrolle über Qualität und Abläufe.

  • Versorgungssicherheit: Besonders bei kritischen Themen wie Heizungsausfällen oder in Märkten mit Handwerkerknappheit kann ein Regiebetrieb die Verfügbarkeit zentraler Leistungen garantieren.

  • Politisch-strategische Überlegungen: In kommunalen Wohnungsunternehmen kann der Wunsch bestehen, lokales Handwerk zu stärken – hier entstehen dann, wenn man einen Regiebetrieb aufbaut, Zielkonflikte, die bei der Konzeption berücksichtigt werden müssen.

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Bei den Zielen sollte man es sich nicht zu leicht machen. Wer glaubt allein der Mehrwertsteuervorteil wäre ein hinreichendes Argument für einen Regiebetrieb, erlebt ebenso oft böse Überraschungen wie jemand, der „es einfach leid ist, externen Handwerkern hinterherzulaufen.“  

 

Rechtliche Rahmenbedingungen & Organisationsform

Für die gesellschaftsrechtliche Einbindung gibt es viele Varianten – im Wesentlichen die beiden Modelle entweder als Tochtergesellschaft oder eben als eigene Abteilung innerhalb des Unternehmens. Sollte der Regiebetrieb als eigenes Unternehmen geführt werden, ist die Inhouse-Fähigkeit und der Erhalt der Umsatzsteuerlichen Organschaft ein wichtiger Aspekt.

Relevante rechtliche Fragen betreffen zudem bspw. die Frage nach der Handwerksordnung (HwO), aber auch Haftungsfragen, Tarifbindung, Einbindung in den Konzernabschluss, sowie Aspekte wie Berufsgenossenschaftszugehörigkeit oder Fragen der betrieblichen Mitbestimmung.

In jedem Fall muss die Rechtskonstruktion gut bedacht sein. Dabei kommt in den Überlegungen oft zu kurz, dass die beiden Grundkonzepte – eigene Gesellschaft vs. Integration in den Kernbetrieb – jeweils sehr eigene (auch operative) Steuerungsvor- und Nachteile haben.

 

Das Leistungsprofil – was macht der Regiebetrieb?

Das Leistungsprofil ist das Herzstück des Regiebetriebs. Je klarer festgelegt ist, welche Gewerke und konkreten Leistungen intern erbracht werden sollen, desto besser lassen sich Kapazitäten, Prozesse und Personal steuern. Daraus ergeben sich Anforderungen an Qualifikation, Ausstattung, IT-Systeme und Schnittstellen zum Kerngeschäft.

 

Wir sprechen hier von „Betriebsmodell und Steuerung“. Ein funktionierendes Betriebsmodell definiert:

  • Welche Aufträge intern erledigt und welche extern vergeben werden

  • Wie die Aufträge eingehen (z. B. über ERP-Systeme, Ticketsysteme, Disposition)

  • Ob ggf. auch Leistungen am externen Markt angeboten werden

  • Wie interne Dienste organisiert sind: z. B., ob Personalführung, Lagerhaltung oder Rechnungswesen zentral oder dezentral erfolgen

 

Das Betriebsmodell entscheidet über die nötigen Steuerungsinstrumente, Prozesse und digitale Unterstützung – etwa durch ein passendes ERP-System mit Modulen für Disposition, Lagerhaltung und Zeiterfassung.

Nur aus einem klar definierten Betriebsmodell lässt sich das betriebswirtschaftliche Modell entwickeln. Ein belastbares Konzept muss:

  • Kosten und Erträge pro Auftrag und Leistungsbereich erfassen

  • Eine Steuerung auf verschiedenen Ebenen ermöglichen: Auftrag, Leistungsbereich, Gesamtbetrieb

  • Zwischen pragmatischer Steuerung und hoher Präzision abwägen – je nach Professionalisierungsgrad, Transparenzerfordernis und angestrebter Effizienz.

 

Verantwortlichkeiten für die wirtschaftliche Steuerung sollten klar definiert sein – idealerweise getrennt nach operativer Steuerung und strategischer Verantwortung.

Wenn wir Regiebetriebe optimieren oder wieder in die Wirtschaftlichkeit führen sollen, finden wir zumeist nicht oder nicht hinreichend definierte Betriebsmodelle. Es werden Leistungen erbracht, bei denen man in seinen Kostenstrukturen den Markt nicht schlagen kann oder das Handwerker-Team greift nach den Aufgaben, die Spaß machen oder erfüllend sind, statt nach den Tätigkeiten, die hinsichtlich Kosten oder Qualität für das Unternehmen Sinn machen.

 

Operative Logistik und Infrastruktur

 

Ein Regiebetrieb benötigt in der Regel:

  • Werkstätten, Lagerflächen, Waschgelegenheiten, Sozialräume – abhängig vom Gewerk

  • Einen sinnvoll ausgestatteten Fuhrpark mit definierten Qualitätsstandards

  • Eine Materiallogistik, die Materialbedarf, -beschaffung, Lagerung und Zuordnung zu Aufträgen effizient abbildet – ein häufig unterschätzter, aber zentraler Erfolgsfaktor

 

Zumeist bereiten die richtige Ausstattung oder Infrastruktur keine großen Probleme. Allerdings finden wir nicht selten, dass diese nicht im Sinne einer Vollkostenbetrachtung oder Gesamtunternehmerischen Betrachtung in die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einfließen.

Systematisch größere Probleme bereitet zumeist das Thema Logistik und Lagerhaltung. Hier findet sich zwischen Untersteuerung und Übersteuerung selten ein gesundes Maß.

 

Auch Digitalisierung und Prozessoptimierung (z. B. über mobile Endgeräte, digitale Auftragsbearbeitung) spielen eine Schlüsselrolle. Wenn man es richtig anstellt, ergeben sich erhebliche Synergien mit dem Kerngeschäft. Ein Regiebetrieb funktioniert am besten, wenn er nahtlos mit dem Kerngeschäft verzahnt ist. Wenn man das anstrebt, stellen sich Fragen wie:

  • Wie kommen Aufträge hinein? (Mieteranfrage, Wartungszyklen, Projektplanung)

  • Wer entscheidet, was intern oder extern gemacht wird?

  • Wie ist die Verantwortung im Bestand geregelt?

  • Gibt es Beteiligung an Aufgaben außerhalb der eigenen Leistungserbringung – z. B. technische Bewertung, Begleitung externer Gewerke, Verkehrssicherungspflichten?

 

Führung, Steuerung & Qualitätsmanagement

Ein Regiebetrieb braucht eine eigene Führungskultur, die auf Handwerkslogik und betriebswirtschaftlicher Steuerung basiert. Gleichzeitig muss er in die Corporate Governance des Wohnungsunternehmens passen. Dabei gilt:

  • Welche Aufgaben kann der Betrieb selbstständig leisten (Buchhaltung, personal, IT, ...)?

  • Was kommt aus der Muttergesellschaft?

  • Sind die Führungskräfte im Regiebetrieb für operative Steuerung qualifiziert?

  • Wie wird Qualitätsmanagement aufgebaut und akzeptiert?

 

Fazit: Ein Regiebetrieb ist eine gute Idee – muss aber auch gut umgesetzt werden.

Ein Regiebetrieb ist kein Selbstzweck, sondern ein strategisches Instrument zur Effizienzsteigerung, Sicherung von Qualitätsmerkmalen und Versorgungssicherheit. Seine erfolgreiche Einführung und Steuerung hängt davon ab, wie klar vorab die Ziele und das Leistungsprofil sowie dann in der Folge operativ die Prozesse und Verantwortlichkeiten definiert sind – und ob das Zusammenspiel mit dem Kerngeschäft funktioniert.

Wenn das gelingt, kann ein Regiebetrieb einen erheblichen Mehrwert für das Wohnungsunternehmen und seine Mieterinnen und Mieter leisten.

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